Halloween-Wochenende in der Jugendherberge Zwingenberg



Irgendwann im September sprang uns beim Blättern in der Zeitschrift für Mitglieder des DJH-Vereins ein Artikel über Halloween-Wochenenden in verschiedenen Jugendherbergen ins Auge. JH Zwingenberg 'Das wäre doch mal was!' dachten wir. Nach einigen Telefonaten stießen wir im Freundeskreis ebenfalls auf Interesse. Bei einem Rundruf in den verschiedenen Herbergen trat dann schnell wieder Ernüchterung ein; am Halloween-Wochenende war alles ausgebucht. Doch halt, ein cleverer Herbergsvater hatte schnell geschaltet und noch ein Ausweichwochenende angeboten. Wer sagt denn, daß man Halloween nur an Halloween feiern kann? Ist ja schließlich weder Weihnachten noch Rosenmontag! Also fix gebucht und Anzahlung überwiesen (gibt wohl Zeitgenossen, die vergessen zu kommen, wenn sie keine Anzahlung überwiesen haben).

Noch können wir uns nicht recht vorstellen, was uns erwartet, aber irgendwie müssen wir uns ja vorbereiten. Glücklicherweise hat die deutsche Wirtschaft auch schon erkannt, daß es einen Markt für Halloween-Artikel gibt. Und was machen die Händler nach Halloween mit dem Zeug? Billig an diejenigen verkaufen, die das Ausweichwochenende gebucht haben. Schnell wird für die Kinder noch ein passender Umhang genäht und die Vorbereitung ist fertig.

Auch die Anreise wird bis ins letzte Detail geplant: Koffer gepackt, Sammelpunkte vereinbart, Routenplaner zu Rate gezogen, Verpflegung bereitgestellt usw. Dann am Freitag um 12.25 Uhr ist der Schreibtisch aufgeräumt, der Computer heruntergefahren, das Kantinenessen abbestellt und um Punkt 12.30 Uhr reiht sich der Fahrer (Niklas) in den Strom der Kollegen ein, die das Büro pünktlich verlassen. Wann hat es das zuletzt gegeben? (Besser nicht weiter darüber nachdenken!)

Der frühe Feierabend (wieso Abend?) schafft genug Zeit, alle Mitreisenden (neben uns vieren noch Christian, ein Klassenkamerad von Jan-Claas, und seine Mutter Angelika No. 2) einzusammeln und ohne Raserei pünktlich zum Begrüßungstrunk in der JH Zwingenberg anzukommen.

Die Fahrt ist problemlos und ein freundlicher Tankwart in Zwingenberg weist Begrüßung Ankömmlinge uns den richtigen Weg für die letzten Meter. Kaum dem Auto entstiegen, werden wir von einer großen weißen Gestalt begrüßt, die sich unablässig vor den Neuankömmlingen verneigt, um sich dann wieder zu ihrer vollen Größe von etwa fünf Metern aufzurichten. Langsam vergessen wir den Alltag und tauchen ein in eine Welt, in der die Menschen ihre Angst und ihre Schrecken vor den Sie umgebenden Gewalten der Natur in mythische Formen binden und sie mit lustvollen Feiern und Ritualen bannen...

Vor dem Vergnügen kommt dann aber noch einmal die Arbeit: Zimmer belegen und Betten beziehen!

Nun geht es hinab in den dämmerigen Speisesaal, in dem einige hohle Kürbisköpfe gespenstische Schatten auf finstere Gestalten werfen, die an den Wänden hängen. Die freundliche Herbergsmutter bietet uns erst einmal einen Hexentrank zur Stärkung an, dessen wesentliche Zutaten eitriges Blut, Maden und Schleim zu sein scheinen. Nachdem diese bunte Mischung durch unsere Kehlen geronnen ist, beäugt ein jeder argwöhnisch seine Nachbarn, um die Wirkung des Gebräus genau zu beobachten. Langsam macht sich eine Kombination aus Angst und Lust breit, die keine irische oder amerikanische Eigenheit ist. Vielmehr wurden (und werden) auch in mittelalterlichen Städten wie Zwingenberg bedrohliche Schatten der heidnischen Vergangenheit hinter hohen Mauern ausgesperrt und durch allerlei Zauber ferngehalten, ohne sie jedoch ganz bannen zu können.

Gerade in Zeiten der Bedrohung durch magische Mächte ist es wichtig zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Die Herbergseltern Axel und Petra laden deshalb für 19.00 Uhr zur Vorstellungs- und Einstimmungsrunde in den Gewölbekeller, welcher im Mittelalter als Zehntscheuer diente. Zuerst stellen sich die beiden selber vor und erzählen einiges zum Ablauf des Wochenendes, zur Geschichte der Herberge usw., bevor Axel den Totenschädel "Freddi" quer durch den Saal wirft, auf das ihn ein Gast fangen möge. Freddi verliert unterwegs zwar sein linkes Auge, landet aber im übrigen unversehrt in den Händen eines Gastes, welcher nun an der Reihe ist, sich vorzustellen. So fliegt Freddi immer wieder durch den Raum, bis ein jeder sich vorgestellt hat.

Noch gestärkt durch den Hexentrank und das gemeinsame Abendessen und eingestimmt durch das Ritual des Schädelwerfens sind wir mutig geworden und verlassen zu fortgeschrittener Stunde die schützenden Mauern der Herberge, um uns zu einer Nachtwanderung in ungeschützte Gefilde zu begeben... Ausgerüstet mit Lichtern und Laternen versuchen wir uns gegen Geister und Irrwichte zu erwehren und suchen unseren Weg durch die angrenzenden Weinberge zu den uralten Wäldern und den Grenzen der Zivilisation. Seltsame Geräusche durchbrechen die Nacht und wir bleiben eng beieinander, als uns finstere Gestalten umkreisen. Daß Mondlicht wirft gespenstische Schatten auf die Wände des Steinbruchs, als wir den kalten Hauch von mystischen Gestalten im Nacken spüren. Axel am Lagerfeuer Über steile Pfade eilen wir wieder unserer Herberge entgegen, in deren Hof gerade ein Feuer entfacht wird, um die Geister zu vertreiben und uns wärmenden Schutz zu bieten. Bei Glühwein, heißem Apfelsaft und selbstgebackenen Plätzchen stehen und sitzen wir dann zusammen mit etwa 30 anderen Gästen am Lagerfeuer und lassen diesen schönen Abend langsam ausklingen.

Als Frühaufsteher hält es uns nicht lange in den Betten und wir gehören um 8.00 Uhr am nächsten Morgen zu den wenigen, die sich schon über das Frühstücksbüffet hermachen. Der Vormittag ist dann zu unserer freien Verfügung, wobei Axel uns einige Anregungen gibt:

Wir Erwachsenen sind keine Stubenhocker und das Wetter ist uns hold; trotzdem lassen wir in unsrer unendlichen Großmut die Kinder bestimmen, was wir machen! Blick auf ZwingenbergAllerdings schränken wir die Auswahl geringfügig ein (Wanderung zum Alsbacher Schloß oder Wanderung zum Auerbacher Schloß). Nach anfänglichem Murren und einem zaghaften Blick auf die Karte sind sich die drei einig: es soll das Alsbacher Schloß sein! Hier gibt wohl der kürzere Weg den Ausschlag. Wir sind einverstanden, schließlich müssen wir schon um 12.00 Uhr zurück zu den Fleischtöpfen sein. Jan-Claas vor dem Schloß So machen wir uns den frohen Mutes auf den Weg, der uns anfänglich über den Weinlehrpfad, später über Waldwege in einer einstündigen Wanderung zum gewählten Ziel führt. Der Weg ist abwechslungsreich und eröffnet uns immer wieder tolle Blicke über das Rheintal. Jan-Claas und Christian vergessen schnell ihre anfängliche Abneigung (Nils ist ohnehin ein begeisterter Wanderer); Schloß Alsbachvon Christian fangen wir sogar die Bemerkung "Ich bin ja doch froh, daß wir mitgewandert sind" im Gespräch mit Nils auf. Spätestens als wir die Burg erreicht haben, ist alle Unlust verflogen. Nun haben wir Probleme, die Kinder wieder von ihren Abenteuerspielen in den Ruinen "loszueisen". Auf dem kürzesten Weg eilen wir dann zur Jugendherberge zurück, um das Mittagessen nicht zu verpassen.

Der Nachmittag ist dann der Vorbereitung für Christian wird geschminkt das große Halloween-Fest vorbehalten. Niklas?! Neben der Mittagsruhe ist gemeinsames Basteln, Schminken und Verkleiden angesagt. Geradezu begeistert sind wir von der "Schminkerei". Hierfür ist eine Maskenbildnerin engagiert, an deren Tisch sich eine nicht abreißende Schlange von Interessenten bildet. Angelika 'J.' als Schnatermann Nicht nur das Design der unterschiedlichen Masken, die sie uns mit leichter Hand auf die Gesichter malt, beeindrucken uns, sondern auch die Verträglichkeit der Schminke, Nils mit Streitbeil die weder Jucken noch andere Pein verursacht und sich nach durchfeierter Nacht mit Wasser und ein wenig Seife wunderbar abwaschen lassen soll.

Nachdem die Maskenbildnerin um 18.00 Uhr das Haus verlassen hat und wir uns am amerikanischen Büfett noch einmal gestärkt haben, kann der Höhepunkt des Wochenendes beginnen: Horror Togetherdie "Große Halloween-Feier". Hierzu treffen wir uns alle im großen Gewölbesaal, wo eine Disco aufgebaut ist und mit fetziger Musik die Stimmung anheizt. Das Kerzenlicht und das Flackern der Lichtorgel sorgen für eine Beleuchtung, in der Kostümierung und Maskierung dann ihre ganze Wirkung entfalten können. Die Kinder spuken zwischendurch immer wieder durch die Herberge oder liefern sich spannende Tischfußball-Wettkämpfe am kostenlosen Kicker. Auch die Nebelmaschine neben der Tanzfläche lockt sie immer wieder an. Hier können sie wie aus dem Nichts auftauchen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Nachdem die Geisterstunde geschlagen hat, sind unsere Gespenster dann langsam reif fürs Bett!

So sind wir am kommenden Morgen auch wieder frühzeitig fit, um beim Brunch Kräfte für die Rückfahrt zu sammeln und von den anderen Geistern Abschied zu nehmen. Schnell sind die Sachen wieder im Auto verstaut und ein schönes Wochenende in der Jugendherberge Zwingenberg ist zu Ende.


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Letzte Aktualisierung: 26.12.2000
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